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Urteil Aufsichtsbehörden und Kommissionen (LU - OG 1996 38)

Zusammenfassung des Urteils OG 1996 38: Aufsichtsbehörden und Kommissionen

Die Treuepflicht und Unabhängigkeit des Anwalts erfordern das Verbot, widersprüchliche Interessen zu vertreten, es sei denn, das Mandat beinhaltet die Vermittlung. Interessenkollisionen müssen im Einzelfall bewertet werden. Eine Aufsichtsbehörde hat die Doppelvertretung eines Anwalts und seines Klienten in einem Strafprozess als unzulässig erklärt. Es wird empfohlen, solche Doppelvertretungen frühzeitig zu vermeiden, um die Glaubwürdigkeit der Unabhängigkeit zu wahren. Wenn Strafanzeigen gegen Anwalt und Klient vorliegen, muss nicht zwangsläufig das Mandat aufgegeben werden, es sei denn, es gibt konkrete Anhaltspunkte für eine Interessenkollision. Ein Gegenanwalt könnte durch eine Strafanzeige die Mandatsniederlegung erzwingen. Bei Strafanzeigen und Gegenanzeigen müssen potenzielle Interessenkonflikte sorgfältig geprüft werden.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts OG 1996 38

Kanton:LU
Fallnummer:OG 1996 38
Instanz:Aufsichtsbehörden und Kommissionen
Abteilung:Aufsichtsbehörde über die Rechtsanwälte
Aufsichtsbehörden und Kommissionen Entscheid OG 1996 38 vom 16.07.1996 (LU)
Datum:16.07.1996
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:§ 12 Abs. 1 AnwG; Standesrecht. Interessenkollision zwischen Anwalt und Klient in Zivil und Strafverfahren.

Schlagwörter: Anwalt; Interesse; Interessen; Klienten; Anwalts; Interessenkollision; Anzeige; Mandat; Regel; Verfahren; Vertretung; Unabhängigkeit; Standesregeln; Luzerner; Anwaltsverbandes; Entscheid; Prozess; Doppelvertretung; Interessenkollisionen; Anwalt; Klage; Verbot; Ausfluss; Treuepflicht; Sterchi; Kommentar; Fürsprechergesetz; Fellmann/Sidler; Gebot
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts OG 1996 38

Das Verbot der Vertretung entgegenstehender Interessen ist Ausfluss der Treuepflicht und der gebotenen Unabhängigkeit des Anwalts (vgl. Sterchi, Kommentar zum bernischen Fürsprechergesetz, S. 58f.; Fellmann/Sidler, Standesregeln des Luzerner Anwaltsverbandes, S. 56ff.). Das entsprechende Gebot ist in Art. 23 der neuen Standesregeln des Luzerner Anwaltsverbandes mit folgendem Wortlaut ausdrücklich verankert:



"Der Anwalt dient nie verschiedenen Personen, deren Interessen sich widersprechen, es sei denn, sein Mandat beinhalte die Vermittlung widersprechender Interessen."



Was als Interessenkollision zu betrachten ist, muss im Einzelfall beurteilt werden. Die Aufsichtsbehörde hat vor kurzem in einem Entscheid die Vertretung eines (bisherigen) Klienten durch seinen Anwalt in einem Strafprozess, der gegen beide eingeleitet worden war, als unzulässige Doppelvertretung beurteilt (Entscheid vom 6. März 1996 i.S. A./Dr. W.). In der Regel wird solchen Prozessen der gleiche Sachverhalt zugrunde liegen. Damit sind Interessenkollisionen zwischen dem Anwalt und seinem Klienten wahrscheinlich zumindest möglich. Im Interesse einer glaubwürdigen Unabhängigkeit haben daher solche Doppelvertretungen im Strafprozess in der Regel möglichst frühzeitig zu unterbleiben. Wenn Strafanzeigen gegen den Anwalt und seinen Klienten vorliegen sogar bereits ein Strafverfahren gegen beide eingeleitet worden ist, hat dies jedoch nicht ohne weiteres zur Folge, dass der Anwalt sein Mandat auch in hängigen Zivilverfahren bzw. in anschliessenden Vollstreckungsverfahren gegen den Anzeigesteller Privatkläger aufgeben muss. Hier sind in der Regel keine Eigeninteressen des Anwalts vorhanden, weshalb konkrete Anhaltspunkte für eine Interessenkollision aufgezeigt werden müssten. Andernfalls könnte die Gegenpartei jederzeit durch Einreichung einer Strafanzeige gegen den Gegenanwalt und dessen Klienten die Mandatsniederlegung des Gegenanwalts erzwingen. Grundsätzlich dasselbe muss gelten, wenn der Anwalt für seinen Klienten eine Strafanzeige Strafklage gegen einen Dritten einreicht und dieser mit einer Gegenanzeige Gegenklage gegen den Anwalt und dessen Klienten reagiert. Immerhin sind in diesem Fall eher Interessenkollisionen denkbar, weshalb solche konkretisiert vorgebrachte Einwände eingehender zu prüfen sind.





Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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